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Paulus Mankers beispielloses Buch |
Wir Kulturvernarrte wissen, dass das Gelingen im Theater nur selten zwischen glücklichen Mitwirkenden im Sesselkreis entschieden wird. Sondern meist auf der Klippe zwischen Triumph und Verzweiflung, wenn sich das Besondere während der Proben endlos nicht einstellen will. Zum Beweis lege ich Ihnen den einzigartigen Bildband „Die letzten Tage der Menschheit“ ans Herz, 799 Seiten stark und mit seinen 2.861 Gramm Gewicht schwer genug, um seinem Herausgeber Blessuren zuzufügen. Die wünschen dem genialischen Wüterich Paulus Manker viele: Wer mit ihm nicht arbeiten will, ist a priori entschuldigt. Aber wer sich der Herausforderung stellt, kann Geschichte mitschreiben. „Alma“ anno 1999 etwa, und 2018 die monumentale Weltkriegsapokalypse „Die letzten Tage der Menschheit“ (1918/19), deren Realisierung ihr Verfasser Karl Kraus selbst für undenkbar hielt. Heuer wurde beschämend diskret sein 150. Geburtstag begangen. Aber Mankers Theaterwunder konnte nach der vorjährigen, von Zerwürfnissen mit dem Vermieter begleiteten Serie im Südbahnhotel auf dem Semmering nicht aufgeführt werden: Es fand sich kein Spielort. Und eine TV-Dokumentation, die Manker rabiater Inszenierungsmethoden bezichtigte, hat ihn noch weiter isoliert. Also konzipierte er ein Buch, das alle 220 Szenen mit 1.500 historischen Abbildungen dokumentiert.
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„Die letzten Tage der Menschheit“ |
Lassen Sie mich monothematisch bleiben: bei Karl Kraus, der in der von ihm finanzierten und geschriebenen Zeitschrift „Die Fackel“ als manische, gottgleiche Instanz Gericht über die Schänder der Sprache hielt. Er war der größte Journalist der Geschichte und hasste doch nichts mehr als den Journalismus. Und als im Ersten Weltkrieg die Entmenschung der Sprache mit Hassparolen, Propaganda und patriotischem Geklimper opportunistischer Literaturstars zum Himmel schrie: Da sammelte er alles, unterhob es mit Kommentaren und krönte es mit einer Höllenfahrt. Schieber und Erzherzöge, Dichter und Schinder werden da gleichermaßen vor Gericht gestellt. Eine Gesamteinspielung des ORF nimmt 23 CDs ein. Manker bespielte nun in Achtstundenlänge ein ganzes Areal. Und während der Vorbereitung verbiss er sich in die Recherche, bis das Ganze nach Publikation verlangte. Nun stehen wir Kraus-Versessene den Kreaturen, die uns durchs Leben begleitet haben, Aug in Aug gegenüber, sie haben plötzlich Gesichter, eine der aufregendsten Erfahrungen meines Berufslebens. Weil der vorgesehene Verleger vor Mankers Reputation abgeduckt hat, ist das Werk im Eigenverlag erschienen, und die 60 Euro sind nicht überzahlt. Das Vorwort hat übrigens Elfriede Jelinek geschrieben (und das Nachwort, gönnen Sie mir die Eitelkeitsobwaltung, ist von mir).
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Lesenswert: Dan Jones, „Winterwölfe“. Authentischer Geschichtsthriller zur englischen Okkupation Frankreichs im 14. Jahrhundert. Erstklassig. Aus der Weite der Literaturgeschichte: Jaroslav Hasek, „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“. Der Erste Weltkrieg als Burleske gewaltlosen Widerstands.
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Hörenswert: Sinfonia por el Peru: Der Welttenor Juan Diego Florez gründete in seiner Heimat Peru ein Jugendorchester, das vielen Unterprivilegierten Halt gab. Es begleitet ihn im Konzerthaus bei italienischen Bravourarien.
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Sehenswert: Virginia Woolfs feministisches Leuchtturmwerk „Orlando“ (1929), mit schwereloser Verwandlungskunst auf die Bühne des Akademietheaters gehoben.
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